Cruel, Cruel Love Poster
ACHTUNG! AUFNAHME! 8/14
Cruel, Cruel Love – Sie schäkern. Er sitzt am
Boden, ihr zu Füssen. Ein wohlhabender glücklicher Gentleman. Bis die Geliebte ihn mit dem
Dienstmädchen erwischt zu haben glaubt und
Schluss macht. Clippings
Fritz Hirzel, Chaplins Schatten.
Bericht einer Spurensicherung. Zürich 1982
Bei den vier Filmen, die von Chaplin im März herauskamen,
war Sennett zwar nicht Regisseur, das überliess er meist George
Nichols, aber er glaubte doch zu einer gewissen Aufsicht
verpflichtet zu sein, als Supervisor sozusagen.
Umso erstaunlicher war in diesem Fall, wenn Chaplin
in Cruel, Cruel Love nahezu im selben Kostüm erschien, das
er in Making A Living getragen hatte. Erneut also im hellen
Gehrock, ein Dandy, den Liebessorgen in den Selbstmord treiben,
der aber aus Versehen statt Gift bloss Wasser trinkt.
Fritz Hirzel, Notizen, 2011
Sie schäkern. Er sitzt am Boden, ihr zu Füssen.
Ein wohlhabender glücklicher Liebender, dieser Gentleman mit Schnurrbart, Gehrock und Zylinder. Bis die Geliebte
ihn mit dem Dienstmädchen erwischt zu haben glaubt und
Schluss macht.
Der Heimgekehrte verzweifelt. Ein verpfuschtes Leben.
Selbstmord. Er schwemmt herunter, was er für Gift hält, der Butler
lacht, er weiss, es ist nur Wasser. Der Gentleman
hat Visionen. Er sieht sich im Fegefeuer von mit Heugabeln
bewehrten Teufeln bedrängt.
Da kommt der Brief der Geliebten, sie hat einen Fehler
begangen, sie liebt ihn. Er trinkt Milch zur Entgiftung, ruft Ärzte
zu Hilfe, eine rasende Autofahrt. die Geliebte eilt herbei,
eine zweite rasende Autofahrt, die Rettung naht in letzter Sekunde, Griffith wird parodiert, das Melodrama.
Der Gentleman aufersteht. Wie angeklickt. Wird ganz
lebendig. Für die Ärzte und den Butler setzt es Hiebe ab, dann
erst sinkt er in die Umarmung mit der Geliebten. Vorhang.
Applaus. Wie im Theater. Und das ist es. Theatralisch. Die Gesten,
der Habitus. Schrecklich gekünstelt.
Es ist hoffnungslos. Es ist ein missratener Film.
Komödie, wird Woody Allen nicht müde zu betonen, ist Tragödie
plus Zeit. Aber George Nichols und Craig Hutchinson,
die für Regie und Scenario stehen, wollen hier einfach zuviel.
Sie lassen Chaplin fuchteln.
Sie lassen ihn chargieren. Aber wer hat Chaplin geraten,
das Kostüm aus Making a Living – ein halbes Dutzend Filme
liegt dazwischen, kein Vierteljahr ist das her – wieder
auszugraben? Hängt er an der Figur? Denkt er, sie war bloss
falsch eingesetzt? Wir werden es nie erfahren.
Cruel, Cruel Love Clippings