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The Great Dictator Clippings 362/369

Time, New York, August 19, 1946.

Fritz Hirzel (photo), Trattoria dell‘Arte (after

Second World War Kronen Lichtspiele), exterior by day,

Berlin-Friedenau, June 13, 2011

& Ginger Rogers is Kitty Foyle

(...) Ad, Film Daily, Dec. 2, 1940

& Two The Great Dictator Scenes


„The whole was like a nightmare to them“

Editorial content. „GERMANY: Laughter

      The feature was Kitty Foyle, known in Berlin as Fräulein

Kitty. Couples strolled toward the Kronen Lichtspiele

in search of a few laughs, an occasional tear, and the chance

to forget Germany. They did not find what they were

looking for. U. S. Information Control was trying a Hollywood

sneak preview on Germans. The picture was Charlie

Chaplin‘s The Great Dictator.

      The Germans laughed when Charlie Chaplin, as the Jewish

barber, shaved a customer in time with Brahms. They

laughed when Chaplin, as Dictator Hynkel, danced around

the balloon world util it finally exploded in his face. But

slowly the laughter thinned, embarrassed, shocked silence

hovered in the stifling little theater. No one laughed

at the concentration-camp scenes nor at Charlie‘s girl friend

who hit a Storm Trooper over the head with a frying

pan. There was hardly a ripple when the Jews matched

pennies to determine who would kill the Dictator.

      When it was over, the audience chattered excitedly.

This part of the show was prima; that part was

schlecht. The whole was like a nightmare to them. The

tragedy of Naziism was still too close for laughter

– and so was the time when Germans had cheered the

Great Dictator. In a poll taken by the Army they voted

against showing further showing of the film in Germany now.

Wrote the Tagesspiegel next day: ,It seems as if reality

had only to be copied and satire was readymade...‘“

      Kronen Lichtspiele, Rheinstrasse 65, Berlin-Friedenau.


Redaktioneller Inhalt

      Friedrich Luft, Tagesspiegel, Berlin, 10. August 1946

      Auszüge aus Lufts Kritik zu „Der große Diktator“

      „Der Diktator“ – probeweise. Zu Charlie Chaplins

      letztem Film     

      Hitler-Komödie?

      Eine Premiere mit Friedrich Luft

      Auf diesen Film war man gespannt, wie selten auf

      einen. Eine Kopie davon befindet sich zufällig

      in Berlin. Man hat ihn einem besonders geladenen

      Publikum probeweise gezeigt und hat die

      Anwesenden schließlich gebeten, ihre Meinung dazu

      auf einem Fragebogen zu notieren. Vierhundert

      Menschen ist vor der Leinwand ein Wunsch erfüllt worden.

      Soll er auch der Allgemeinheit zugänglich gemacht

      werden? Das wollte man wissen. Es wird viele gegeben

      haben, die eindeutig „nein“ darauf geantwortet

      haben. Warum? (...)

      Schon bei der Hitlerparodie wird das Lachen gedämpfter.

      Uns ist noch das Vorbild zu nah. Auch das war

      simpel auf seine Art. Aber anders. Aber so, dass die

      Folgen noch unser Leben vergiften auf Jahrzehnte

      hinaus. Und da sind wir nicht überempfindlich, wenn wir dies

      Zerrbild eines Diktators (falls daran noch etwas

      zu zerren war) nicht ganz unempfindlich erblicken. Chaplin

      hat dem „Anderen“ das meiste nur abgeguckt.

      Nur noch eine kleine Drehung – und er hat seine Wirkung.

      Die Groteske ist leicht. Eine Art Göring ist da,

      glitzernd von Orden, kriechend im goldenen Staube.

      Die ganze Folie der Herrschenden war nur zu

      übernehmen, wie sie da war – und die Satire war gedreht.

      Der komische Zweikampf der diktatorischen

      Übermenschen, sich den Rang und Beifall der Massen

      missgönnend. Die Leichtigkeit, mit der der eben

      noch geschändete Doppelgänger des Diktators wider Willen

      in den klirrenden Rahmen der Macht geschoben wird –

      gelächterwürdig ist alles. Man weiß es. Aber noch vermag

      man den Spaß nicht als Spaß zu nehmen. Gebranntes

      Kind – und dies ist ein nachträgliches Spiel mit dem Feuer.

      Eindeutig unerträglich wird es uns aber, wenn das

      Konzentrationslager die Szene des Witzes wird. Hier kam

      kein Lachen aus dem deutschen Publikum, auch dort

      nicht, wo Komik gemeint war.

      Gegen das Groteske gestellt, Szenen von schwer erträglicher      

      Realistik unter den Verfolgten. Das, nur durch harten

      Schnitt mit der wirr-komischen Welt des Diktators verbunden,

      ließ uns erschrecken. Da revoltiert die eigene

      Anschauung aus kaum vergangenen Jahren. Hier stellt sich     

      Peinlichkeit ein. Sie beherrscht auch den Schluss des

      Films, wenn der wirkliche Chaplin mit gewiss warmen Worten

      diese Welt wieder einrenkt und das über-optimistische

      Happy-End der Weltgeschichte sich einstellt. Ach, so leicht

      und so rührend wäre es an keiner Stelle unserer

      zwölfjährigen Erfahrung gewesen. Dieses Ende verstimmt

      uns.

      Uns – wohlgemerkt. Ohne Zweifel kann man von ferne über      

      Chaplins Versuch an der Zeitgeschichte herzhafter

      lachen. Uns ist der originale Spaß zu teuer gekommen,

      als dass wir jetzt schon die Satire davon heiteren

      Auges sehen könnten. Darum zeige man uns diesen Film

      jetzt nicht. Vielleicht später. Sehr viel später.

      (Erst 1958 kommt „Der große Diktator“ in die westdeutschen

      Kinos, in der DDR wird er erstmals 1980 im Fernsehen

      gezeigt.)


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www.fritzhirzel.com


Chaplins Schatten

Bericht einer Spurensicherung