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The Kid Clippings 261/268

Fritz Olimsky, Berliner Börsen-Zeitung, Berlin, Dtl., Nov. 18, 1923.

Tauentzien-Palast, exterior by day, Berlin – Kammerlichtspiele

Tauentzienstrasse, Gesamtansicht des Hauses,

in Hans Schliepmann, Lichtspieltheater, Berlin 1914

& Drawing in color of Tauentzien-Palast by night, Berlin

(...) Filmland Cover, Berlin, Nov. 1924

& Tobis Tauentzien Palast, exterior by day, marquee (left

of Woolworth entrance) Carl Froelich „Wenn wir alle Engel wären“, Berlin, 1936


„Liegt unserem Empfinden ganz und gar nicht“

Editorial content.


Redaktioneller Inhalt. „The Kid.

      (Tauentzien-Palast.)

      In diesem Film liegt der Schlüssel zu Chaplins Wesen;

absichtlich sage ich nicht zu Chaplins Komik, denn

alle, die noch nicht früher dahinter gekommen sind, werden

hier belehrt, dass ein starker Schuß Melancholie,

ja Tragik in dieser Komik liegt, die manchen bisher nur eine

Hanswurstiade war. Hier kommt nun einmal ganz

und gar der Weltschmerz der Unterdrückten und von den

Verhältnissen Bezwungenen zu Worte und das

Menschliche dieses Stoffes ist wohl zugleich das Geheimnis

des Welterfolges, den der Kid hinter sich hat.

Überflüssig zu sagen, daß Chaplin in dieser Geschichte von

dem kleinen Findling, den er zuerst einigermaßen

gegen seinen Willen an sich nehmen mußte und der dann

später der Sonnenschein seines Daseins wurde,

mancherlei neues neben den ewig wiederkehrenden Pointen

eingefallen ist; mal ist es eine genial improvisierte

Wiege, mal ein sehr patent konstruierter Schlafrock, durch

den er sich einen Sondererfolg holt. Im übrigen ist

für diesen Film so erschreckend viel Reklame gemacht worden,

daß der Kritiker sich um so kürzer fassen kann.

Bleibt nur noch festzustellen, daß Jonkie (Jackie) Coogan

hier in seiner ersten Filmrolle trotz oder vielleicht

infolge seiner völligen sichtlichen Abhängigkeit von seinem

Entdecker Chaplin wmöglich noch stärker wirkt als

in My Boy und Zirkuskind.

      Zusammenfassend muß trotz allem und allem festgestellt

werden, daß dieser ganz unvergleichlich auf die

amerikanische Mentalität eingestellte Film unbeschadet

seiner Feinheiten bei uns wohl nur mit Hilfe einer

Riesenreklame zu dem großen Filmereignis gestempelt werden

kann. Der unbefangene Zuschauer würde sonst wohl

den Film nur als einen unter vielen beurteilen, denn gerade was

ihm drüben in Amerika die enthusiastische Aufnahme

sicherte, liegt unserem Empfinden ganz und gar nicht.    –msk–“

      Tauentzienpalast, Tauentzien 19 / Nürnberger Straße 57, Berlin.


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Chaplins Schatten

Bericht einer Spurensicherung